Herr Galdirs, Sie haben als Geschäftsführer der CO2-regio UG bereits einige Erfahrung mit der Wiedervernässung heimischer Moore sammeln können. Was motiviert Sie an Ihrer Arbeit?
Mich motiviert vor allem die Möglichkeit, aktiv zum Klimaschutz beizutragen, statt nur darüber zu sprechen. Moore sind der größte landbasierte CO2-Speicher, den wir haben. Sie sind nicht nur für das Klima, sondern auch für die Artenvielfalt von großer Bedeutung. Sie speichern Wasser, mildern Hochwasser und Dürren und tragen zur Grundwasserneubildung bei, was uns auch beim Trinkwasserschutz zugutekommt.
In Bayern gibt es noch etwa 220.000 Hektar Moor- und organische Böden, deren Trockenlegung und Bewirtschaftung aufgrund der Zersetzungsprozesse im Torf einen großen Teil der Emissionen aus der Landwirtschaft verursacht.
Wie und wieso kam es zur Trockenlegung all dieser Flächen?
Die Trockenlegung der Moore erfolgte in zwei großen Wellen. Die erste begann um 1870, als durch das Bevölkerungswachstum immer mehr Flächen für den Nahrungsmittelanbau benötigt wurden. Dies führte dazu, dass Feuchtgebiete trockengelegt wurden. Der Verlust traditioneller Lebensweisen, die auf intakte Feuchtgebiete angewiesen waren, war die Folge. In der zweiten großen Welle in den 1930er Jahren wurden mit Kriegsgefangenen und maschinellen Mitteln auch die letzten Moore trockengelegt, um die Autarkie zu fördern.
Die Regierung setzte damals die Rahmenbedingungen für diesen Geoengineering-Prozess, der die Moore aus der Landschaft verschwinden ließ. Heute sehen wir uns aufgrund des Klimawandels und des Artenschwunds vor neuen Herausforderungen, für die Maßnahmen wie die Wiedervernässung der Moore eine effiziente Lösung darstellen.
Wie funktioniert die Wiedervernässung einer Moorfläche genau?
Das Ziel der Wiedervernässung ist es, den Grundwasserspiegel auf etwa -10 cm unter der Geländeoberkante zu erhöhen. Zu Beginn wird die Eignung der Fläche geprüft, wobei zwei Faktoren entscheidend sind: das Vorhandensein von intaktem Torfboden und ausreichend Wasser. Nach dieser Prüfung installieren wir ein Messsystem, das den Grundwasserspiegel überwacht. Auf der Basis dieser Daten können wir eine Wasserbilanz erstellen, aus welcher ersichtlich ist, wie viel Wasser benötigt wird. Mithilfe von Modellierungen können wir dann Maßnahmen entwerfen, die dazu beitragen, den Grundwasserstand anzuheben. Darunter zählen Stauwehre, Bachrenaturierungen und -überläufe, Drainagenkappung, Spundwände und vieles mehr. Grundsätzlich lassen sich die Maßnahmen in zwei Kategorien unterteilen: die Erhöhung des Wasserrückhalts und die Einleitung von Frischwasser.
Wichtig ist, dass die Zersetzungsprozesse im Torf gestoppt werden, indem der Boden wieder genug Wasser enthält. Moortypische Pflanzen können dann wieder optimal wachsen, wobei sie zwei Drittel ihrer Energie in die Wurzeln und nur ein Drittel in die oberirdischen Pflanzenteile investieren.
Sie setzen das Projekt mithilfe der Aktion Zukunft+ um. Wie wichtig ist die Förderung, die Sie dafür erhalten?
Ohne die Förderung durch Aktion Zukunft+ könnte das Moorschutzprojekt in Aßling nicht umgesetzt werden. Die Flächensicherung, Feldarbeiten, Machbarkeitsstudie und der Genehmigungsprozess werden zu 100% durch die Aktion Zukunft+ finanziert. Die Flächeneigentümer wären ohne die finanzierten Dienstleistungen auf sich alleine gestellt und müssten über 8 Instanzen eigenständig an einen Tisch bringen. Auch die Öffentlichkeitsarbeit, Flächenpflege und Instandhaltung werden durch Aktion Zukunft+ gedeckt. Lediglich bei der Umsetzung und bei der Pacht bestehen andere Fördermöglichkeiten, welche jedoch nicht gesichert sind.
Das Crowdfunding-Projekt der Aktion Zukunft+ startet mit einer 10 Hektar großen Fläche im Brucker Moos in Aßling. Welche Optionen hat die Flächenbesitzerin für die Nutzung der Fläche?
Die Fläche in Aßling ist Dauergrünland und darf nicht umgebrochen werden, daher sind Paludikulturen, wie der Anbau von nässeangepassten Kulturpflanzen, eine Grauzone. Stattdessen wird ein Beweidungsprojekt mit Schottischen Highlandrindern geplant. Diese Tiere können gut mit den feuchten Bedingungen umgehen, benötigen jedoch auch trockene Flächen, die sorgfältig angepasst werden müssen. Die Beweidung hat mehrere Vorteile, darunter die Vermeidung von Verbuschung, von der lichtliebende Moorpflanzen und Wiesenbrüter profitieren. Das Projekt ist auf 8 Jahre angelegt, aber wir führen bereits Gespräche, um es auf 25 Jahre zu verlängern und den Flächenumfang zu erweitern.
Gibt es weitere Pläne von CO2-regio für die Zukunft? Gegebenenfalls weitere Projekte in unseren Landkreisen bzw. mit der Aktion Zukunft+?
Aktuell erstellt CO2-regio Potenzialstudien für 9 Gemeinden. Diese Studien sollen auf weitere Gebiete ausgeweitet werden, um das Wissen vor Ort zu fördern und potenzielle Schutzgebiete zu identifizieren. Die Ausweitung des bestehenden Projekts ist bereits in Arbeit, wodurch die Aktion Zukunft+ hoffentlich schon bald ein Folgeprojekt bewerben kann. Unser langfristiges Ziel ist es, das Angebot von CO2-regio auf ganz Bayern auszudehnen, um noch mehr Moorflächen zu schützen und von ihrem Klimaschutzpotenzial zu profitieren.